Weniger ist mehr: Lerne die Grundlagen der minimalistischen Fotografie.
Wie bei anderen Formen des Minimalismus geht es bei der minimalistischen Fotografie darum, ein Motiv auf seine Essenz zu reduzieren. Gestalte Fotos mit klar definierten Linien und Leerräumen, die sich auf das Wesentliche konzentrieren.
Alles einfach halten.
Bei jeder Aufnahme triffst du eine Entscheidung darüber, wie viel Kontext dein Motiv begleiten soll. Minimalistische Fotografen bevorzugen schlichte Hintergründe, weiße Leerräume oder geometrische Formen.
Die minimalistische Fotografie entwickelte sich Ende des 20. Jahrhunderts aus den Kunstrichtungen der extrem abstrakten Malerei und Bildhauerei. Die Werke der Minimalisten bestanden aus geometrischen Grundstrukturen, prägnanten Linien oder Farbfeldern. Sie hatten keinen Bezug zur realen Welt, sondern standen für sich allein. Minimalistische Fotografen verinnerlichten diesen Ansatz und wandten dieselben Grundsätze – Einfachheit und wenige Kompositionselemente – auf ihre Sicht der realen Welt an.
Um minimalistische Bilder zu gestalten, musst du darauf vertrauen, dass Szenen, die dich ansprechen, auch anderen gefallen. „Es geht darum, das Auge des Betrachters auf einen Gegenstand zu lenken und alle störenden Elemente zu eliminieren“, meint der Fotograf Aleks Baharlo. „Im Lauf der Jahre habe ich gelernt, meinem Instinkt zu vertrauen. Es braucht aber schon Mut, dem einzigen Motiv im Bild weniger als 5 Prozent der Fläche zuzugestehen und alles andere Weiß zu lassen.“
Das Motiv in den Fokus rücken.
Da minimalistische Aufnahmen in der Regel sehr schlicht gehalten sind, kommt dem Motiv eine größere Bedeutung zu als in anderen Bereichen der Fotografie. Ohne andere Personen bzw. Kompositionselemente im Vorder- oder Hintergrund muss das Motiv allein die Aufmerksamkeit der Betrachter fesseln. „Das Motiv muss unbedingt interessant sein. Sonst wird aus dem minimalistischen Foto schnell ein allzu simples Foto“, erklärt Baharlo. Durch die isolierte Darstellung eines Motivs bilden sich Leerräume, die die Betrachter mit ihren eigenen Gedanken und Geschichten füllen können.
Auf eine ausgewogene Komposition achten.
Wenn andere Hintergrundobjekte fehlen, fallen die Elemente und die Aufnahmewinkel, die du für ein Bild wählst, stärker ins Gewicht. Überlege dir mithilfe des Suchers genau, wie du dein Bild aufbauen möchtest, um das Auge des Betrachters auf dein Motiv zu lenken. Frage dich, ob wirklich alles auf dem Bild wichtig ist. „Nimm ein Element aus dem Bild heraus, und schaue, ob es dir gefällt“, empfiehlt die Fotografin Nicole Morrison. „Wirkt es ausgewogener? Wird der Blick so gelenkt, wie du es haben möchtest?“ Diesen Vorgang kannst du beliebig oft wiederholen. Verändere die Kameraposition oder deinen eigenen Standort so lange, bis nur noch die absolute Essenz übrig bleibt.
Denke an die Drittel-Regel – auch wenn sie eher Richtlinie als Regel ist. Es kann helfen, ein Bild mit zwei horizontalen und zwei vertikalen Linien in neun gleiche Teile aufzuteilen und das Motiv oder andere Elemente an den Schnittstellen der Linien auszurichten. „Ich wende meist die Drittel-Regel an, wenn ich mir überlege, wo ich mein Motiv platzieren soll“, so Morrison. „Es ist wichtig, die Regeln zu kennen. Danach kannst du entscheiden, welche du befolgst, welche du ausreizt und welche du ganz über Bord wirfst. Ich habe die Regeln immer im Hinterkopf. Wichtiger ist mir aber, ob sich etwas richtig anfühlt.“
Baharlo hat kein Problem damit, gegen die Drittel-Regel zu verstoßen. „In meiner Fotografie gibt es oft viele kontrastierende Linien: einen horizontalen Horizont und ein vertikales Motiv“, erläutert er. „Entweder ist alles im Bild vertikal ausgerichtet oder alles horizontal, oder es ist ein Kontrast von beidem.“ Experimentiere bei jedem Foto so lange, bis du herausgefunden hast, wie das jeweilige Motiv am besten funktioniert.
Tiefenschärfe verringern.
Bei einer geringen Tiefenschärfe verschwimmt der Hintergrund. So konzentriert sich der Blick des Betrachters auf das Motiv. „Ich arbeite mit einer geringeren Tiefenschärfe, damit das Motiv scharf und der gesamte Hintergrund verschwommen dargestellt wird“, erklärt Baharlo. Ermöglicht wird das durch eine größere Blendenöffnung, durch die mehr Licht auf den Kamerasensor fällt. Alternativ kannst du die Entfernung zwischen Kamera und Motiv erhöhen und das Motiv dann heranzoomen. Auch so wirkt der Hintergrund unscharf. Befindet sich hinter deinem Motiv eine Lichtquelle, kann eine geringere Tiefenschärfe einen Bokeh-Effekt bewirken, bei dem Lichtpunkte als verschwommene Kreise dargestellt werden.
Mit verschiedenen Belichtungswerten experimentieren.
Eine größere Blende ist nicht die einzige Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass mehr Licht auf den Kamerasensor trifft. Du kannst auch die Verschlusszeit verlangsamen, um eine höhere Belichtung oder Lichtstärke im Bild zu erhalten. Eine höhere Belichtung kann einen wolkenverhangenen Himmel in ein weißes Feld verwandeln. „Die meisten meiner Fotos haben viel weißen Leerraum. Durch diese negativen Bereiche treten graue oder dunkle Motive stärker hervor“, erläutert Baharlo. Er empfiehlt das sogenannte Bracketing, bei dem zuerst eine Aufnahme mit der korrekten Belichtung gemacht wird, gefolgt von einer Aufnahme mit deutlich höherer Belichtung und einer weiteren mit deutlich geringerer Belichtung. Mit einer solchen Belichtungsreihe bist du bei der anschließenden Bildbearbeitung flexibler.
Minimalistische Motive finden.
Für minimalistische Landschaftsaufnahmen eignen sich vor allem ruhige Szenen. „Es ist sehr schwierig, in einem städtischen Umfeld geeignete Motive für minimalistische Fotos zu finden. Bei Wüsten, Stränden oder Bergen geht das viel besser“, so Baharlo.
Aber auch in überfüllten Städten lassen sich minimalistische Motive ausfindig machen – vom blauen Himmel über nackte Wände und glatte Betonflächen bis hin zu Rasenflächen in Parks. „Halte im Alltag die Augen offen“, rät Morrison. „Ich hatte einmal ein Shooting bei mir um die Ecke. Sobald ich meine Aufmerksamkeit bewusst auf meine Umgebung gerichtet hatte, sah ich überall Hintergründe.“
Du musst nicht einmal das Haus verlassen, um gute Fotos zu machen. Morrison nutzt bei den meisten ihrer Produktfotos die eigene Wohnung als Studio und arbeitet beim Hintergrund mit farbigem Papier. Mit der richtigen Beleuchtung lassen sich auch dramatische Schatten erstellen.
Farbe bewusst einsetzen.
Vielleicht findest du, dass du in deinen Bildern keine Farben brauchst. Für manchen Vertreter des Minimalismus lenken Farben nur von den Formen ab, um die es ihnen in ihren Bildern geht. Aber es finden sich ebenso oft minimalistische Bilder, in denen Farben ein zentrales Element darstellen. Die meisten Fotos von Baharlo sind in Schwarz-Weiß gehalten. „Es gibt aber auch Situationen, in denen die Farbe das Foto oder das Motiv besser zur Geltung bringt. Sagen wir, ich fotografiere eine Blume mit viel Leerraum, und die Blume ist das einzige Motiv. Wenn die Farbe nicht zu sehr ablenkt, nehme ich sie in das Bild auf.“
Minimalismus in der Produktfotografie.
Minimalismus lässt sich auch gut bei Produktfotos anwenden. Der Trick besteht darin, das Auge des Betrachters auf das Produkt zu lenken und gleichzeitig eine interessante Bildkomposition zu gestalten. Morrison sucht nach Farben, die gut zur Marke passen, oder platziert die Produkte in einem ungewohnten Umfeld. „Ich stelle z. B. einen einzelnen Schuh vor eine Betonwand und erhalte so einen interessanten Kontrast zwischen dem weichen Schuh und der harten Wand. Ein solcher Kontrast kann bestimmte Merkmale eines Produkts hervorheben.“
Je weniger Kompositionselemente ein Produktfoto aufweist, desto wichtiger ist der Aufnahmewinkel. Fotografen arrangieren Produkte häufig als Flatlays, die aus der Vogelperspektive fotografiert werden. „Immer öfter begegnen mir auch Fotos in Dreiviertel-Ansicht von oben”, sagt Morrison. „Die Aufnahme erfolgt hier aus halber Höhe zwischen Draufsicht und Augenhöhe.“
Du kannst auch mit der Beleuchtung spielen, um deiner minimalistischen Produktfotografie mehr Dramatik zu verleihen. „Lange, extrem betonte Schatten oder geheimnisvolle Schatten von Objekten außerhalb des Blickfeldes werden immer beliebter“, meint Morrison.
Stelle dir selbst Aufgaben.
Einschränkungen erhöhen erwiesenermaßen die Kreativität. Setze dir also selbst Grenzen, oder akzeptiere die, mit denen du bereits arbeiten musst. „Beauftrage dich selbst mit unterschiedlichen Projekten“, rät Morrison. „Analysiere Arbeiten, die dir gefallen.“ Sie empfiehlt auch, mit Alltagsgegenständen zu experimentieren. Aus den einfachsten Dingen lassen sich schöne Bilder gestalten – seien es kunstvoll angeordnete Teeblätter oder ein paar Tropfen Öl auf einem Blatt Papier. „Wenn ich Tee aus dem Schrank hole, mache ich erst ein Foto, bevor ich ihn zubereite“, sagt Morrison. Lass dich einfach von dem inspirieren, was um dich herum ist.
Tipps zur Nachbearbeitung.
Die Nachbearbeitung bietet ebenfalls Raum zum Experimentieren. Baharlo bleibt auch beim Editieren minimalistisch. „Die Nachbearbeitung ist für mich im Prinzip nur der Feinschliff des Fotos“, erklärt er. „Ich mache nur einfache Sachen. Ich wandle Farbbilder in Schwarz-Weiß um und erhöhe den Kontrast zwischen Motiv und Leerraum.“
Mit Adobe Photoshop Lightroom kannst du diese kleinen Anpassungen von Kontrast, Lichtern und Tiefen vornehmen – oder auch größere Änderungen durchführen und z. B. unerwünschte Objekte aus einem Foto entfernen. Experimentiere mit den Bearbeitungs-Tools. Oder sieh dir Tutorials zu verschiedenen Techniken an, um das Beste aus deinen minimalistischen Fotos herauszuholen.
Mitwirkende.
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