Wer A sagt, muss auch B sagen.
Egal ob du eine Nachrichten-Story oder einen Dokumentarfilm produzierst: Mit B-Roll machst du dein A-Roll-Footage interessanter.
Was ist „B-Roll“?
Der Begriff B-Roll stammt aus den Anfängen der Filmgeschichte und bezieht sich auf die Technik, zusätzliches Filmmaterial (B-Roll) in das Hauptmaterial (A-Roll) einzubinden, um sichtbare Linien an der Schnittstelle zwischen zwei Clips verschwinden zu lassen. In der modernen Film- und Videoproduktion versteht man unter „B-Roll“ alle Clips, in denen es nicht um das Hauptgeschehen geht. Dieses zusätzliche Filmmaterial umfasst sämtliche Aufnahmen, in denen die Hauptdarsteller nicht miteinander interagieren oder in die Kamera sprechen. Dabei kann es sich um Stockmaterial, archiviertes Material oder Fotos handeln. Oft wird auch ein zweites Kamera-Team eingesetzt (Second Unit), das sich ausschließlich um die Aufnahme von B-Roll-Footage kümmert.
Obwohl digitale Tools das Zusammensetzen von Clips erleichtern, greifen Produzenten von Videos – mit oder ohne Drehbuch – auch heute noch auf B-Roll zurück, um Szenen zu gestalten, fließende Übergänge zu schaffen und zum Beispiel Husten oder unerwünschte Bilder herauszuschneiden, ohne die gesamte Aufnahme wegwerfen zu müssen. „B-Roll mag nach B-Ware klingen, aber tatsächlich ist es das, was die Nuancen des visuellen Storytelling ausmacht“, erklärt Regisseur und Kameramann Hiroshi Hara.
B-Roll in Videos mit Handlung.
B-Roll ist in Spielfilmen und Videos mit erzählender Handlung unumgänglich, um ein Gefühl von Zeit und Raum zu vermitteln und der Story mehr Bedeutung zu verleihen. Zum typischen B-Roll-Material gehören Establishing Shots, die zu Beginn der Szene eine Straße oder die Fassade eines Gebäudes zeigen, sowie andere Aufnahmen abseits der Haupthandlung. Wenn zwei Personen an einer Straßenecke stehen und die eine zur anderen sagt: „Das ist die Bank, die ich überfallen will“, könnte an dieser Stelle die Aufnahme des Bankgebäudes eingeblendet werden. Während die Bank zu sehen ist, bietet es sich an, die Antwort der anderen Person als Voiceover einzuspielen: „Das ist völlig unmöglich“. Diese Art von Schnitt bietet dem Cutter auch mehr Möglichkeiten beim Zusammenfügen der verschiedenen Takes einer Szene.
Wie Hara beschreibt, ist B-Roll das Sahnehäubchen auf dem Kuchen. Das A-Roll-Footage – das Hauptmaterial – ist der Kuchen an sich. „Ohne den Kuchen gibt es keine Garnitur. B-Roll ist im Grunde alles, was das Hauptmaterial und den Handlungsverlauf unterstützt“, so Hara. Filmemacher nehmen B-Roll-Material oft erst nach dem Hauptdreh auf. Da für diese Aufnahmen weder ein Tontechniker noch die Hauptdarsteller erforderlich sind, kann der Produzent mit einem zweiten oder kleineren Team Zeit und Geld sparen.
B-Roll in Dokumentarfilmen.
B-Roll ist ein unverzichtbares Element für Nachrichten-Storys und Dokumentarfilme. Formate, die viele Interview-Szenen enthalten, lassen sich durch relevantes und visuell interessantes Alternativ-Footage aufwerten. „Ein Interview, bei dem eine Person die ganze Zeit in die Kamera spricht, kann ziemlich langweilig sein“, so Hara. „Mit B-Roll lässt sich das Storytelling verbessern. Man kann das Material auch zwischen bestimmten Sound-Abschnitten verwenden oder um innerhalb eines Interview-Abschnitt zu springen und dabei Jump Cuts zu vermeiden.“ (Ein Jump Cut ist ein Bildsprung vor oder zurück innerhalb derselben Aufnahme. Er hat oft einen verwirrenden Effekt.)
Wie dreht man B-Roll?
Beachte die folgenden Tipps für deinen Videodreh, um möglichst viel nützliches Zusatzmaterial aufzunehmen. Der Aufwand macht sich in der Postproduktion bezahlt.
Erstelle eine Aufnahmeliste.
Genauso wie beim Hauptdreh sparst du dir bei der Aufnahme von B-Roll viel Zeit, Geld und Frustration, wenn du eine Aufnahmeliste (Shotlist) erstellst. Berücksichtige Tageszeit und Jahreszeit. Denke auch an das Equipment, das du benötigst. „Lege ganz genau fest, was du machen willst“, rät Hara. „Sobald du eine Liste erstellt hast, kannst du viel leichter absehen, welche Probleme oder Einschränkungen auf dich zukommen könnten.“
Wenn du ein Video mit erzählender Handlung drehst, gehe das Skript durch und überlege, welche Stellen für Eröffnungsszenen, Cutaways und Nahaufnahmen geeignet sind. Wenn du einen Dokumentarfilm oder ein anderes Video drehst, das viel Dialog enthält, halte fest, welche Bilder den Dialog untermalen können. Berücksichtige auch, wie du das Motiv aufnehmen willst.
Auch wenn die Hauptdarsteller nicht zu sehen sind, kann dein Footage eine Geschichte erzählen. „Achte auf die Beleuchtung, die Komposition und das Motiv“, empfiehlt Filmregisseur Mike Leonard. „Bei jeder Aufnahme, insbesondere bei B-Roll, sollte man sich fragen: Erzählt dieses Bild eine Geschichte? Gibt es im Hintergrund oder Vordergrund etwas Besonderes? Etwas, das die Aufnahme von ,ganz nett‘ in ein packendes Bild verwandeln könnte?“ Du könntest auch Hinweistafeln oder Sehenswürdigkeiten aufnehmen, die dem Betrachter zeigen, wo die Szene stattfindet.
Nimm dir Zeit.
Es wäre schade, wenn du alles für die perfekte Aufnahme vorbereitet hast, aber dann die Geduld verlierst, bevor du genügend Material aufgenommen hast. „Egal, ob es sich um eine statische Aufnahme handelt oder die Kamera bewegt wird: Zähle in Gedanken immer bis zehn“, so Leonard. Die Aufnahme muss lang genug sein, damit du sie beim Schneiden auf das Tempo und die Dauer des Dialogs abstimmen kannst. „Der häufigste Anfängerfehler ist es, eine schöne Aufnahme mit großartiger Komposition zu machen, die aber schlussendlich zu kurz ist“, sagt Leonard.
Experimentiere mit verschiedenen Aufnahmen.
B-Roll mag weniger spannend erscheinen als der Hauptdreh, eröffnet dir aber viel Freiraum zum Experimentieren. „Man wird gezwungen, kreativ zu werden. Nachdem du immer wieder dasselbe Motiv gefilmt hast, entdeckst du vielleicht einen interessanten Kamerawinkel, oder du wendest einen Zeitraffer-Effekt an. Eine andere Möglichkeit ist das Filmen aus einer einzigartigen Perspektive wie mit einer Drohne oder einer Point-of-View-Kamera“, erklärt Leonard.
Hole das Maximum aus deinem Footage.
Sobald du das benötigte Rohmaterial erfasst hast, kannst du mit dem Schneiden deines Videos beginnen. Mit den Bearbeitungswerkzeugen von Adobe Premiere Rush ist es ganz einfach, A-Roll- und B-Roll-Footage zu einer nahtlosen Story zusammenzufügen. Wenn du mit dem Videoschnitt zufrieden bist, probiere die Werkzeuge zur Farboptimierung aus, um deinem Footage die richtigen Farbtöne zu verleihen.
Um dich inspirieren zu lassen, sieh dir einfach deine Lieblingsfilme an, und achte auf B-Roll-Footage. Wenn dir bestimmte Aufnahmen besonders gut gefallen, mache Notizen dazu und überlege, was dir daran so gefällt. Versuche, diese Erkenntnisse auf dein nächstes Projekt anzuwenden. Und vergiss nicht: Übung macht den Meister.
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