Was ist Motion Capture, und wie funktioniert es?

Motion Capture ist eine innovative Technik zur Bewegungserfassung, die in vielen Bereichen, vor allem in Film und Fernsehen, Wissenschaft und Gaming, zum Einsatz kommt. In diesem Artikel geht es um die Geschichte der Motion-Capture-Technologie und ihre Verwendung. Wir beschäftigen uns mit unterschiedlichen Ansätzen, den Vor- und Nachteilen und sehen uns an, wie die Bewegungsverfolgung in Software funktioniert.

Was ist Motion Capture?

Motion Capture (oder kurz: MoCap) ist der Name einer Technologie, die Bewegungen von Menschen oder Objekten aufzeichnet. Die aufgezeichneten Daten werden an ein Computerprogramm übertragen, um fotorealistische Bewegungen in virtuellen Umgebungen zu erzeugen.

Die Technologie hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Vor allem in Animationsfilmen und im Gaming werden damit Computer-generierte 3D-Charaktere mit den natürlichen Bewegungen und oft fast unmerklichen Eigenheiten echter Schauspielerinnen und Schauspieler versehen.

In einer Motion-Capture-Session werden die Bewegungen der Schauspielenden mit einer hohen Bildfolge pro Sekunde aufgenommen. Nur die Bewegungen selbst werden aufgezeichnet, nicht ihr tatsächliches äußeres Erscheinungsbild. Die Bewegungsdaten werden anschließend in ein 3D-System importiert, bearbeitet und auf ein 3D-Modell übertragen, das dann die erfassten Aktionen wiedergibt.

Wofür wird Motion Capture eingesetzt?

Motion Capture kommt in verschiedenen Bereichen zum Einsatz. Dazu gehören:

  • Film und Fernsehen. Hier gibt es die bekanntesten Beispiele für MoCap. Die Technik wird oft in der Vorproduktion zur Vorabvisualisierung verwendet. Motion Capture erweckt Storyboards zum Leben. Die Regie verwendet sie, um Bewegungsabläufe in einer Szene zu arrangieren und für die visuellen Effekte (VFX) vorzubereiten.
  • Videospiele. In der Games-Entwicklung lassen sich mit MoCap-Animationen schnell und effizient umfangreiche Bibliotheken mit Bewegungen für die Figuren zusammenstellen.
  • Gesundheit und Sport. Motion Capture wird zur Diagnose und Behandlung von Verletzungen eingesetzt.
  • Militär. Zusammen mit Virtual Reality (VR) wird Motion Capture für Ausbildungszwecke genutzt.

Arten von Motion Capture.

Für die Erfassung von Bewegung kommen vier verschiedene Verfahren zum Einsatz:

  • Optisch – passiv. Dies ist die flexibelste und am weitesten verbreitete Methode. Infrarotkameras verfolgen einen Bewegungsablauf über reflektierende passive Marker, die an der zu erfassenden Person angebracht sind.
  • Optisch – aktiv. Spezialkameras verfolgen eine Bewegung anhand von aktiven LED-Markern, die Licht emittieren.
  • Video / ohne Marker. Dieses Verfahren basiert auf einer speziellen Software statt auf Markern.
  • Trägheitssensoren. Die Person/das Objekt wird mit Trägheitssensoren (auch „IMUs“ genannt) versehen. Diese Sensoren übertragen die Daten kabellos an einen Computer oder ein Smart Device. Kameras werden lediglich zu Lokalisierungszwecken eingesetzt.

Was sind die Vor- und Nachteile von Motion Capture?

Motion Capture ist in mehrfacher Hinsicht eine hervorragende Technologie. Sie hat jedoch auch einige Nachteile.

Vorteile

Nachteile

Geringe Latenz, d. h. schnelle Ergebnisse nahezu in Echtzeit, reduzierte Kosten für Keyframe-basierte Animation.
Spezial-Software und -Hardware für Erfassung und Verarbeitung der Daten erforderlich.
Der erforderliche Arbeitsaufwand ist unabhängig von der Komplexität oder Dauer der Performance (im Gegensatz zu traditionellen Techniken). Darstellung und Stil können in mehreren Varianten getestet werden (nur begrenzt durch das schauspielerische Talent der Akteurin/des Akteurs).
Bei kleinen Produktionen sind die Kosten für Equipment und Software u. U. unverhältnismäßig hoch.
Einfache, präzise Reproduktion von realistischen, komplexen Interaktionen und Bewegungen (z. B. Gewicht und Kraftaustausch).
Bedingt durch Kamerabildwinkel oder magnetische Verzerrung kann es zu besonderen Anforderungen des Erfassungssystems an den Aufnahmeort kommen.
Bedingt durch Kamerabildwinkel oder magnetische Verzerrung kann es zu besonderen Anforderungen des Erfassungssystems an den Aufnahmeort kommen.
Bei Problemen während der Aufnahme ermöglichen nur wenige MoCap-Systeme Echtzeit-Sichtungen, sodass im Zweifel Neuaufnahmen die einfachere Lösung sind.

Geschichtlicher Überblick.

1878: Der englische Fotograf Eadweard Muybridge nimmt eine Serie von Bildern auf, bekannt unter dem Namen The Horse in Motion (Das Pferd in Bewegung). Diese Bilder, die die Bewegung eines Pferdes in schneller Folge zeigen, sind das erste Beispiel der Chronofotografie und ein wichtiger Meilenstein in der Filmgeschichte.

1915: Der amerikanische Animator Max Fleischer – bekannt für seine Zeichentrickfigur Betty Boop – erfindet die Rotoskopie. Diese Animationstechnik wurde eingesetzt, um die Bewegung von Figuren realistischer aussehen zu lassen. Sie bestand darin, echte Filmszenen einzelbildweise abzuzeichnen bzw. abzupausen.

1939: Schneewittchen und die sieben Zwerge von Walt Disney Studios ist der erste Film, bei dem das Rokoskopieverfahren eingesetzt wird.

1959: Der amerikanische Animator Lee Harrison III entwickelt einen mit Potentiometern ausgestatteten Bodysuit, durch den die Bewegungen der Schauspielenden zum ersten Mal in Echtzeit aufgezeichnet und animiert werden können.

1980er-Jahre: Animatorinnen und Animatoren verwenden große Kameras zur Aufnahme von Schauspielenden in Bodysuits mit aktiven Markern.

1999: Star Wars: Episode 1 – Die dunkle Bedrohung ist der erste Spielfilm mit einer vollständig Computer-generierten Hauptfigur – Jar Jar Binks, gespielt von Ahmed Best.

2002: Für den Film Der Herr der Ringe: Die zwei Türme wird die Motion-Capture-Technik, wie wir sie heute kennen, eingesetzt. Andy Serkis, der die Figur des Gollum spielte, trug am Set einen Motion-Capture-Anzug mit Spezialkameras, die seine Bewegungen und seine Mimik aufzeichneten.

2004: Der Polarexpress von Robert Zemeckis ist einer der ersten großen Filme, der vollständig mithilfe der Motion-Capture-Technologie gedreht wird.

2009: Der kanadische Filmemacher James Camero verwendet in Avatar ein neues virtuelles Kamerasystem, das für die Bewegungserfassung in der Filmindustrie neue Maßstäbe setzt.

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Weitere Infos

Technik.

So verfolgst du Bewegungen in Adobe Premiere Pro:

  1. Importiere dein Footage in Premiere Pro.
  2. Wenn es im Schnittfenster angezeigt wird, klicke oben auf der Menüleiste auf Datei.
  3. Wähle Neu und dann Titel. Klicke im Popup-Menü auf OK.
  4. Es öffnet sich ein Fenster. Wähle den erforderlichen Referenzpunkt aus, und gib einen Titel ein. Schließe das Fenster, und ziehe den Titel in das Schnittfenster.
  5. Gehe zu Effekte. Öffne das Bedienfeld Effekteinstellungen, und klicke auf die Stoppuhr neben „Position“, um einen Keyframe zu setzen.
  6. Verschiebe das Footage um 5 bis 10 Frames nach vorn. Drücke dafür mit gedrückter Umschalttaste die Nach-rechts-Taste. Dadurch verschiebt sich der Referenzpunkt.
  7. Ändere die X- und Y-Koordinaten für den Positions-Keyframe durch Ziehen mit der Maus. Der entsprechende Titel wird verschoben und folgt dem neuen Referenzpunkt.
  8. Wiederhole die Schritte 6 und 7, bis der Vorgang abgeschlossen ist.
  9. Doppelklicke auf den Titel, und gib den gewünschten Text ein, damit er hier eingeblendet wird.

Häufig gestellte Fragen.

Kann Motion Capture als Animation bezeichnet werden?

Laut der Definition der Academy ist Motion Capture selbst keine Animationstechnik. Eine signifikante Anzahl der Hauptfiguren und mindestens 75 % der Länge eines Films müssen animiert sein, so die Definition der „Academy“, als in einigen Filmen, darunter Avatar, District 9 und A Christmas Carol die Grenzen zwischen Motion Capture und Animation verschwammen.

Welche Beispiele für Motion Capture gibt es?

Neben den bereits genannten Filmen wurde auch in den folgenden mit MoCap gearbeitet:

  • Die Mumie (1999)
  • Hulk (2003)
  • Fluch der Karibik: Am Ende der Welt (2007)
  • Der seltsame Fall des Benjamin Button (2008)
  • The Avengers (2012)
  • Zwei vom alten Schlag (2013)
  • Paddington (2014)
  • Fantastic Four (2015)
  • Guardians of the Galaxy (2017)
  • A Quiet Place (2018)
  • Der König der Löwen (2019)
  • Ghostbusters: Legacy (2021)

Was sind die drei Zielsetzungen eines Motion-Capture-Systems?

Die Ziele eines MoCap-Systems sind:

  1. Erfassen der Bewegung
  2. Verarbeiten der Sensordaten
  3. Speichern der verarbeiteten Daten