Die amerikanische Illustratorin und Digitalkünstlerin Tracie Ching arbeitet im Dunkeln, im Hellen – und in allen Nuancen dazwischen. Sie liebt Independent-Filme und Comic-Bösewichte. Ihre grafischen Porträts erstellt sie mithilfe von aufwendigen Schraffureffekten. Erfahre, wie sie in Adobe Illustrator mit dem Angleichen-Werkzeug und eigenen Pinseln dunkle und helle Bereiche durch Schraffuren darstellt.
Mit dem Zeichenstift-Werkzeug zeichnet Tracie Konturen und Grundformen für ihre Komposition. Mit einer auffälligen Farbe (in diesem Fall einem hellen Lilaton) zeichnet sie die Grundzüge, die später von der detaillierten Schraffur verdeckt werden.

Tracie erstellt zunächst fünf benutzerdefinierte Pinsel für das Projekt. Mit dem Ellipse-Werkzeug zeichnet sie eine längliche Form, die sie durch Anpassen oder Hinzufügen von Ankerpunkten verfeinert. Um abgerundete Pfade in abgewinkelte Pfade zu ändern, wählt sie das Ankerpunkt-Werkzeug auf der Werkzeugleiste aus und macht einen Doppelklick auf den entsprechenden Ankerpunkt. Um eine Form anzupassen, verschiebt sie einzelne Ankerpunkte mit dem Direktauswahl-Werkzeug.
Wenn sie mit der Form zufrieden ist, speichert sie sie als neuen Bildpinsel (Fenster > Pinsel > Neuer Pinsel) und setzt die Methode zum Einfärben auf „Farbtöne“. Diese Einstellung ermöglicht es ihr, die Farbe des Pinsels später zu ändern.

Unregelmäßige Elemente wie Haarsträhnen zeichnet Tracie freihand mit verschiedenen benutzerdefinierten Vektorpinseln. Für unterschiedlich dicke Haarsträhnen variiert sie die Konturstärke.

Tracie arbeitet größtenteils mit Schraffuren, um unterschiedlich starke Schattierungen zu erzeugen. Zuerst zeichnet sie einige Konturen mit einem ihrer Pinsel. Mit dem Angleichen-Werkzeug („Objekt > Angleichen > Angleichung-Optionen“ und dann „Objekt > Angleichen > Erstellen“) erstellt sie einen Satz paralleler Konturen. Anschließend erstellt sie einen weiteren Satz paralleler Konturen, dieses Mal in einem anderen Winkel (wieder mit dem Angleichen-Tool). Durch Übereinanderlegen der beiden Kontursätze entsteht eine Kreuzschraffur.

Um einen dichteren Schattierungseffekt zu erzeugen, verwendet Tracie dieselbe Farbe für beide Konturensätze. Diese Art von Schraffur setzt sie für Schatten auf der Stirn und an den Nasenflügeln ein. Damit simuliert sie aber auch Licht, das auf Stirn und Nase fällt.

Den gepunkteten Effekt erzielt Tracie, indem sie die Farben Schwarz und Grau für die Schraffur verwendet. Da die Grundfarbe des Gesichts ebenfalls grau ist, wirkt der Effekt subtiler und erinnert an einen Siebdruck.

Mit einer Schnittmaske begrenzt Tracie Effekte auf eine bestimmte Form. Die Form der Augen ist zum Beispiel eine Schnittmaske, die verhindert, dass die Schattierung des Augapfels darüber hinaus reicht.
Zuerst erzeugt sie eine Schattierung im Weißen der Augen mithilfe einer Kreuzschraffur. Dann markiert sie die Augenform inklusive Schraffur und wählt „Objekt > Schnittmaske > Erstellen“. (Hinweis: Die Schnittmaske muss im Bedienfeld „Ebenen“ über der Grafikebene liegen, die sie zuschneidet.)

Zu Beginn eines Projekts verwendet Tracie meist nur drei Farbtöne – Dunkelgrau für das Gesicht, Schwarz für Schatten und Hellgrau für helle Stellen.
In den Farbfeldoptionen (Fenster > Farbfelder > Farbfeldoptionen) definiert sie alle diese Farben als „Global“. Sie kann so eine oder auch alle Farben später schneller ändern.
Wenn sie mit dem Schraffieren fertig ist, widmet sie sich der Stimmung ihrer Grafik und passt ihre drei globalen Farben an. Im Bedienfeld „Farbfelder“ (Fenster > Farbfelder) ändert sie die CMYK-Werte der globalen Farben.
Für diese Illustration hat sie Dunkelgrau durch Dunkelblau (C=100, M=75, Y=10, K=35) und Hellgrau durch Hellblau (C=100, M=20, Y=0, K=0) ersetzt. Um der Grafik mehr Ausdruck zu verleihen, wurde Schwarz in ein intensives Tiefschwarz (C=100, M=100, Y=100, K=100) geändert.

Nachdem die endgültigen Farben feststehen, legt Tracie an einigen Stellen letzte Hand an ihre Schraffuren an, um ein perfektes, dramatisches Porträt zu erhalten.


Über die Künstlerin.
Mit fünf Jahren erhielt Tracie Ching ihr erstes Skizzenbuch. Der Abschluss „Bachelor of Fine Art“ war damit so gut wie vorprogrammiert. Als sie nach ihrem Abschluss während der Weltwirtschaftskrise keinen Job fand, nutzte sie die Zeit, um Programme von Adobe näher kennenzulernen. Sie brachte sich selbst alles über Grafik-Design bei und begann, immer mehr mit Adobe Illustrator zu arbeiten und die Flexibilität von Vektorgrafik zu erkunden.
Seit fünf Jahren arbeitet sie als Illustratorin und konnte sich vor allem mit ihren alternativen, siebdruckartigen Filmplakat-Designs einen Namen machen.
Tracie mochte schon immer die Kunst um die Jahrhundertwende und hat eine Sammlung von Designs im viktorianischen, Jugend- und Art Déco-Stil, die ihr laufend Inspirationen für ihre Arbeit liefern, seien es Schriften, Dekorelemente oder die Architektur.
Die Frau mit dem extravaganten Kurzhaarschnitt vereint ihre Design-Karriere mit den Herausforderungen und Aufgaben einer jungen Mutter wie eine echte Comic-Heldin.