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Das Zoetrop: Animationen wie vor 150 Jahren.
Seit der Erfindung der Filmkamera im späten 19. Jahrhundert ist es für den Menschen immer mehr zur Normalität geworden, sich von bewegten Bildern unterhalten zu lassen – sei es in Form von Kinofilmen, Fernsehserien oder Videospielen. Doch auch schon davor nutzten Menschen verschiedene Techniken, um einzelnen Bildern den Eindruck von Bewegung zu verleihen.
Das sogenannte Zoetrop, im Volksmund oft „Wundertrommel“ genannt, gehört dabei zu den bekanntesten Vorformen der modernen Bewegtbildanimation. In den 1830er- Jahren entwickelt, wurde es im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einem beliebten Kinderspielzeug. Auch heutzutage wird die alte Animationstechnik noch zu verschiedenen Zwecken eingesetzt. In diesem Artikel tauchen wir in die Geschichte des Zoetrops ein und zeigen dir, wie du selbst eines basteln kannst.
Was ist ein Zoetrop?
Das Zoetrop ist eine frühe Form der Animationstechnik. Das im 19. Jahrhundert entwickelte Gerät besteht in seiner einfachsten Form aus einer drehbaren, oben offenen Trommel, deren Wand in regelmäßigen Abständen durch schmale, vertikale Schlitze durchbrochen wird. An der Innenwand der Trommel befindet sich ein Papierstreifen mit einer Folge von Reihenbildern, die dasselbe Motiv in unterschiedlichen Bewegungsphasen zeigen.
Dreht sich nun die Trommel, blicken Betrachter*innen durch die vorbeiziehenden Schlitze auf die Bilder im Inneren, wobei durch die schnelle Abfolge der einzelnen Motive der Eindruck von Bewegung entsteht. Wie bei anderen Formen der Animation (wie zum Beispiel dem Daumenkino) beruht auch die vom Zoetrop erzeugte Illusion auf einem speziellen Phänomen – der sogenannten „Persistenz des Sehens“: Betrachten wir einzelne Bilder einer Abfolge jeweils kürzer als eine Zehntelsekunde lang, fügt das Gehirn sie zu einer fortlaufenden Bewegung zusammen. Dies sorgt dafür, dass wir die Bilder nicht mehr einzeln aufgelöst, sondern als fortlaufende Bewegung wahrnehmen.
Eine kurze Geschichte des Zoetrops.
Genau genommen handelt es sich bei dem Zoetrop um die Weiterentwicklung einer bereits vorhandenen Erfindung: 1833 stellten der belgische Physiker Joseph Plateau und der österreichische Erfinder Simon Stampfer unabhängig voneinander das „Phenakistiskop“ (auch Wunder- oder Lebensrad genannt) vor. Heute gilt diese Erfindung als erstes Gerät zur Animation von Bildern mit großer Verbreitung.
Konkret handelte es sich beim Phenakistiskop um eine drehbare Scheibe, die auf einem Griff montiert ist. Wie beim Zoetrop befinden sich auf einer Seite der Scheibe einzelne Bilder, die durch Schlitze voneinander getrennt sind. Hält man die Scheibe dann vor einen Spiegel, sodass die Bilder darin zu sehen sind, dreht das Gerät am Griff und blickt durch die Schlitze, entsteht auch hier die Illusion von Bewegung. Noch im selben Jahr seiner Erfindung wies Stampfer darauf hin, dass die Technik auch auf Trommeln oder gewundene Papierstreifen übertragbar wäre.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Zoetrop ein beliebtes Kinderspielzeug.
Genau das tat dann der britische Mathematiker William George Horner, als er ein Jahr später, 1834, den ersten Typ eines Zoetrops entwickelte. In Anspielung auf die Figur Daedalus aus der griechischen Mythologie, die lebensecht wirkende Figuren gestaltet haben soll, nannte er das Gerät Daedalum. Seinen heute geläufigen Namen bekam das Zoetrop erst einige Jahrzehnte später. 1867 nämlich meldete der US-amerikanische Erfinder William Lincoln den Namen „Zoetrop“ zum Patent an. Der Begriff, eine Kombination aus den griechischen Wörtern „zoe“ (Leben) und „tropos“ (drehend), bedeutet so viel wie „Rad des Lebens“. Schon bald darauf wurden die „Wundertrommeln“ dann in den USA und in Großbritannien als Spielzeuge verkauft und schnell zu einer echten Beliebtheit in vielen Haushalten.
Das Zoetrop als Vorläufer des Films.
Als eines der ersten mechanischen Gerätschaften zur Animation bewegter Bilder stellt das Zoetrop einen wichtigen Vorläufer der modernen Filmtechnik dar. Es ist dabei in einer Reihe mit ähnlichen Erfindungen dieser Zeit zu betrachten, die alle auf dem Grundprinzip beruhten, mehrere Einzelbilder in schneller Abfolge hintereinander zu reihen und so den Eindruck von Bewegung zu erzeugen. Nennenswert sind hier neben dem bereits erwähnten Phenakistiskop vor allem das Praxinoskop (Zaubertrommel) und ganz besonders das 1886 entwickelte Elektrotachyscop – eine Vorform des Filmprojektors. Ohne diese Erfindungen wären die ersten Filmaufnahmen Ende der 1880er-Jahre, und damit auch später entwickelte Techniken wie etwa die Cel-Animation, nicht möglich gewesen.
Ein Zoetrop selbst bauen.
Du bist neugierig geworden und möchtest die nun schon fast 200 Jahre alte Technik selbst ausprobieren? Kein Problem, denn du kannst ein Zoetrop mit wenigen Mitteln ganz einfach selbst bauen.
Mit ein paar handelsüblichen Bastelutensilien lässt sich ein Zoetrop ganz einfach selbst bauen.
Diese Materialien brauchst du dafür:
Ein Bogen Pappe (A4).
Eine Zoetrop-Bildvorlage: Im Internet findest du viele Templates, die du verwenden oder als Inspirationsquelle nutzen kannst. Besonders beliebt sind galoppierende Pferde.
Eine kleine PET-Flasche oder alternativ ein Essstäbchen: Dies wird dir später als Griff für dein Zoetrop dienen.
Eine Schere
Etwas Kleber oder Klebeband
Eine Pinn-Nadel
Schritt für Schritt Anleitung: So baust du dein eigenes Zoetrop.
Hast du alle Materialien beisammen, befolge diese Schritte, um deine eigene Schlitztrommel zu bauen:
Den Boden präparieren. Schneide für den Boden zuerst einen Kreis mit einem Radius von 9 cm aus dem Papp-Bogen heraus. Wenn du einen möglichst akkuraten Kreis haben willst, kannst du einen Zirkel benutzen.
Zoetrop-Vorlagen ausschneiden. Scheide die beiden Streifen deiner Bild-Vorlage aus und falte sie an den gestrichelten Linien. Schneide dann für die Schlitze die markierten Rechtecke aus. Für etwas mehr Stabilität empfiehlt es sich, die ausgeschnittenen Bildvorlagen auf ein weiteres Stück Pappe zu kleben, das dieselben Abmessungen wie die Bildvorlagen hat.
Streifen zusammenfügen. Füge die beiden Streifen so mit Klebeband oder Kleber zusammen, dass ein Kreis entsteht. Die Bilder müssen dabei auf der Innenseite sein. Befestige dann mit etwas Kleber die gefaltete und aufgeklappte Unterseite der Trommel am äußeren Rand des Pappbodens. Versuche, den Kreis so rund wie möglich zu halten und Wölbungen zu vermeiden.
Zoetrop zusammenbauen. Stecke nun die Pinn-Nadel durch die Mitte des Bodens, sodass du die PET-Flasche unten am Boden des Zoetrops befestigen kannst. Am besten lässt du zwischen Flasche und Boden ein wenig Spielraum, damit sich die Trommel frei drehen lassen kann. Statt einer PET-Flasche kannst du auch ein Essstäbchen durch die Mitte des Bodens stechen und ihn mit einer Perle befestigen.
Fertig. Nun kannst du das Zoetrop verwenden. Halte es an der Flasche oder dem Stäbchen fest, fang an es zu drehen und blicke durch die ausgeschnittenen Schlitze. Die Bilder im Inneren scheinen sich nun zu bewegen. Erfolgt die Bewegung rückwärts, drehe das Zoetrop einfach in die entgegengesetzte Richtung. Eventuell dauert es einige Zeit, bis du die richtige Drehgeschwindigkeit herausgefunden hast und die Animation optimal zu sehen ist.
Zoetrop-Vorlagen.
Du möchtest die Bildmotive für dein Zoetrop selbst malen? Schnapp dir einfach einen dicken Filzstift und lasse deiner Kreativität freien Lauf. Die besten Ideen für Zoetrope drehen sich (buchstäblich) um ganz einfache Bewegungen. Folgende Motive eignen sich besonders gut:
Tiere: Galoppierende Pferde, marschierende Elefanten, fliegende Vögel, springende Löwen, schwimmende Fische.
Personen: Tänzer*innen, Gewichtheber*innen, jonglierende Personen, Sporttreibende, Kinder, Cartoon-Figuren.
Formen: Kleiner und größer werdende Sterne oder Kreise, umfallende Kegel oder auf- und untergehende Sonnen.
Einfache Bewegungsabläufe wie Laufen oder Springen eignen sich gut als Zoetrop-Vorlage.
Wenn du jedoch keine Lust hast, die Bildmotive selbst zu zeichnen, findest du im Internet jede Menge kostenlose Vorlagen, die du herunterladen und ausdrucken kannst.
Ein 3D-Zoetrop bauen.
Ein Zoetrop muss nicht unbedingt zweidimensional sein. Du könntest auch eine 3D-Variante aus Modellen und statischen Skulpturen erstellen. Mit einem drehenden Plattenteller, Pfeifenreinigern, Pappmaché und einem Stroboskop lassen sich 3D-Zoetrope ganz ohne 3D-Drucker erstellen. Mit einer Software wie Adobe Photoshop oder Adobe After Effects kannst du dann auch prima eine virtuelle Animation deiner 3D-Zoetrop-Szenerie erstellen, zum Beispiel mithilfe der Stop-Motion-Technik.
Aus wie vielen Bildern besteht ein Zoetrop?
Je mehr Bilder pro Sekunde dem Auge präsentiert werden, desto besser gelingt die Illusion. Ideal sind 24 Bilder pro Sekunde, das Minimum liegt bei 12 Bildern pro Sekunde. Bei einem schnell rotierenden Zoetrop mit einer Drehung pro Sekunde braucht es also 12 Bilder, um einen flüssigen Ablauf zu erzielen. Allerdings machen gerade das Ruckeln und Flackern oft einen großen Teil des Retro-Charmes dieser Technik aus.
Wer hat das Zoetrop erfunden?
Die Anfänge des Zoetrops gehen auf den österreichischen Erfinder Simon Stampfer zurück. Er gehörte 1833 zu den Entwicklern des Phenakistiskops, eines der ersten Geräte für bewegte Bilder, das große Verbreitung fand. Stampfer schlug auch als Erster die Verwendung einer Trommel vor. Ein Jahr später erfand der britische Mathematiker William Horner das Daedalum. In seiner endgültigen Form wurde das Zoetrop 1865 vom amerikanischen Erfinder William Lincoln entwickelt und zwei Jahre später patentiert.
Wie schnell sollte sich ein Zoetrop drehen?
Ein typisches Zoetrop rotiert mit weniger als 100 Umdrehungen pro Minute. Ein Jo-Jo erzielt im Vergleich dazu Geschwindigkeiten von bis zu 5.000 Umdrehungen pro Minute. Das relativ langsame Tempo des Zoetrops macht allerdings auch einen großen Teil seines einzigartigen Reizes für Animationskünstler*innen und Betrachter*innen aus.
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