Architekturfotografen müssen die Tageszeit, das Wetter und den Blickwinkel berücksichtigen, um beeindruckende Aufnahmen von Kathedralen, Häusern, Wolkenkratzern und anderen Gebäuden zu machen.
In diesem Leitfaden enthüllt der Fotograf Ludwig Favre seine besten Tipps und spricht mit anderen Experten darüber, welche Aspekte du für gelungene Architekturfotos berücksichtigen solltest.
Zur Architekturfotografie zählen die Außenseiten und Innenräume von Gebäuden sowie Brücken, Stadtlandschaften und andere bemerkenswerte Strukturen. Aber für mich ist es viel mehr als das - es ist eine Möglichkeit, das Gefühl von Zeit und Ort einzufangen.
Ich werde dir zeigen, warum Emotionen der wichtigste Aspekt der Architekturfotografie sind - und wie du sie in deinen Bildern festhalten kannst.
Von Aufnahmen von historischen Gebäuden bis hin zu Bildern von bescheidenen Behausungen – zur Architekturfotografie zählen alle Fotos, die primär das Innere oder Äußere von Bauwerken der Menschen zeigen. Statische und leicht zugängliche Motive sind in der Architekturfotografie für viele Fotografen ein guter Anfang – so war es auch bei mir. „Ich denke, die Architekturfotografie ist für Einsteiger ideal“, sagt der Fotograf Nick Ulivieri. „Die Bauten sind ja schon da. Man muss also nur vor die Tür gehen und die gewünschten Motive fotografieren.“
Du brauchst weder ein Studio noch teure Fotolampen – zumindest nicht für Außenaufnahmen –, um tolle Aufnahmen von Gebäuden zu machen. Du brauchst keine Models. Und dein Motiv steht still, wodurch du in Ruhe ausprobieren kannst, welche Effekte das Setting auf das Bild hat. Lichtverhältnisse, Wetter und die potenziellen Perspektiven, aus denen du fotografieren kannst, sind die Variablen, die du berücksichtigen musst, wenn du dich mit der Architekturfotografie beschäftigen möchtest.
Wenn du außerhalb eines Gebäudes fotografierst, gibst du die Kontrolle zu einem großen Teil ab. „Bei hochwertigen Architekturaufnahmen liegt die Herausforderung darin, zu wissen, wann man eine bestimmte Struktur fotografieren sollte und wann nicht“, erklärt Ulivieri. „An dem Design des Gebäudes, dem Standort, den Schatten und dem Wetter kannst du nichts ändern.“ Bei manchen Arten der Fotografie kannst du die Umgebung kontrollieren und so das gewünschte Ergebnis ermöglichen. Bei den meisten Motiven aus dem Architekturbereich hängt alles davon ab, wie gut du dich an die Gegebenheiten anpassen kannst.
Den richtigen Standort wählen.
Eine der schwierigsten Entscheidungen der Architekturfotografie ist, wo genau du deine Kamera einsetzen möchtest. Mit so vielen erstaunlichen Gebäuden in jeder Stadt kannst du sehr viel Zeit damit verbringen, die Architektur historischer Wahrzeichen, moderner Gebäude und Stadtlandschaften zu erforschen.
Ich lasse mich eher von Pinterest und Google Bildern inspirieren und suche nach Gebäuden, die das perfekte Zusammenspiel von Formen, Farben und Designs aufweisen. Sobald ich ein paar Ideen habe, reise ich zu diesen Orten, um nach etwas zu suchen, das ich nur als „Gefühl“ beschreiben kann. Damit meine ich einen Ort, der wirklich auf einer Ebene zu dir spricht, die über die visuellen Aspekte hinausgeht.
Zum Beispiel gibt es in den USA Orte, an denen ich aufgrund all der amerikanischen Fernsehsendungen und Filme, die ich als Kind gesehen habe, ein Gefühl der Nostalgie verspüre. Diese besondere Emotion wird während des Sonnenuntergangs verstärkt, da dieser alles mit einem wie von Sepia geküssten natürlichen Schimmer färbt und so die Vergangenheit aufleben lässt.
Das Bewusstsein für die Magie einer Umgebung verwandelt die Architekturfotografie vom einfachen Fotografieren eines Gebäudes in eine echte Momentaufnahme.
Der Umgang mit der Tageszeit und Wetterbedingungen.
„Es gibt im Wesentlichen zwei Aufnahmen: Zum einen ein Foto, das du tagsüber aufnimmst – der Himmel ist blau, vielleicht sind ein paar Wolken zu sehen“, sagt Ulivieri. „Zum anderen gibt es die blaue Stunde.“
Die blaue Stunde ist die Zeit direkt nach Sonnenuntergang, wenn der Himmel eine rosige, blaue oder violette Färbung einnimmt. Wenn du in dieser Zeit Gebäude fotografierst, kannst du externe Lichtquellen betonen und Exterieur-Elemente wie Fassaden in ein schönes Licht rücken. Lichter im Inneren verleihen dem Gebäude darüber hinaus ein leuchtendes Aussehen. Mit den hellen Lichtern, den satten Farben und den spannenden Kontrasten werden Fotos, die in der blauen Stunde aufgenommen wurden, besonders gern für Websites, Broschüren und Werbematerialien verwendet.
Bei der Architekturfotografie stehen die künstlerischen Aspekte aber nicht immer im Vordergrund. Viele Kunden möchten Gebäude oder Immobilien – für gewerbliche Zwecke – an einem klaren Tag oder direkt nach Sonnenuntergang in Szene gesetzt haben. Vermeide bei Aufnahmen untertags direktes Sonnenlicht. Die Sonneneinstrahlung führt nämlich zu harten Kontrasten und tiefen Schatten. „Bei Außenaufnahmen ist die Tageszeit das A und O“, sagt der Fotograf Kenton Waltz. „Die goldene Stunde ist ideal zum Fotografieren, weil es keine harten Belichtungsunterschiede gibt.“ Die goldene Stunde bezeichnet die Stunde nach Sonnenaufgang und die Stunde vor dem Sonnenuntergang. Sie ist für ihr weiches, warmes Licht bekannt.
Verschiedene Gebäude sehen je nach Wetterbedingungen und Tageszeit besser aus. „Wenn du ein brutalistisches Gebäude fotografieren willst, bei dem der Kontrast zum Design gehört, bietet sich ein Shooting zur Mittagszeit an, weil es dann mehr Schatten gibt“, erklärt Waltz. Industriebauwerke aus Metall und Beton sehen im Regen besonders eindrucksvoll aus, während sich alte viktorianische Herrenhäuser bei bedecktem Himmel besonders gut machen. Und wenn du die Höhe eines Wolkenkratzers betonen möchtest, kannst du ihn ablichten, wenn sich die Spitze des Gebäudes in den Wolken befindet. Es geht immer darum, für jedes Gebäude das richtige Setting zu finden.
Wenn es um das Wetter geht, ist ein warmer, sonniger Tag fast immer das, was ich will. Ein blauer Himmel kann langweilig sein - deshalb bevorzuge ich mindestens ein paar Wolken, um die Farbe aufzubrechen.
Wenn ich jedoch während eines Sturms fotografiere, kann dies meinen Bildern ein dramatisches Gefühl verleihen. Das Erfassen von Gewitterwolken über einem Gebäude kann dem Betrachter ein multisensorisches Erlebnis bieten. So dürfte es nicht schwerfallen, sich das Gefühl des Sturms vorzustellen, das durch das Foto aufkommt.
„Das Bewusstsein für die Magie einer Umgebung verwandelt die Architekturfotografie vom einfachen Fotografieren eines Gebäudes in eine echte Momentaufnahme.“
Finde den richtigen Blickwinkel.
Wenn du von der Straße aus fotografierst, hast du vielleicht nicht immer den besten Blickwinkel auf dein Motiv. „Wenn du einen Wolkenkratzer oder ein Gebäude mit mehr als 30 Stockwerken fotografierst, solltest du dir einen Aussichtspunkt suchen“, so Waltz. Damit dein Motiv nicht perspektivisch verzerrt wird, sollte dein Standpunkt beim Fotografieren etwa auf halber Höhe deines Motivs liegen. Wenn du an einem Gebäude hinaufschaust, laufen seine Linien wegen der Perspektive zusammen. Wenn du dich jedoch direkt gegenüber vom Gebäude befindest, kannst du die Perspektive nicht ändern. Bei besonders hohen Gebäuden ist der beste Punkt zum Fotografieren weit vom Erdboden oder einem benachbarten Gebäude entfernt. „Wenn du keinen geeigneten Aussichtspunkt findest, ist eine Drohne manchmal die beste Option“, so Waltz. Bei entsprechendem Budget sind auch Kräne und Hubschrauber eine Option.
Meiner Erfahrung als Architekturfotograf nach besteht die größte Herausforderung darin, alles gut ausgerichtet zu haben. Wenn du ein Gebäude vom Boden aus nach oben fotografierst, sind die Linien nicht gerade. Daher ist es wichtig, auf gleicher Höhe mit dem Gebäude zu stehen oder deine Ansicht zumindest auf den Hauptfokus des Gebäudes oder der Umgebung ausrichten.
Wenn es nicht möglich ist, die Aufnahme linear einzurahmen, kannst du den Effekt anschließend in Lightroom erzielen.
Ein Fotograf, der einen Innenraum fotografieren möchte, muss zunächst den Raum vorbereiten. Die meisten Privathäuser, Bürogebäude oder sonstigen bewohnten Gebäude sind nicht darauf ausgelegt, auf Fotos gut auszusehen. Sie sind auf das Alltagsleben ausgerichtet. Ein guter Interior-Fotograf weiß, wie er dieses Problem löst. „Das ist schon ein Running Gag unter Interior-Fotografen“, erzählt Waltz. „Aber unsere Hauptaufgabe besteht darin, Möbel zu verschieben.“
Außerdem müssen sie sich darauf einstellen, die Putzsachen auszupacken. „Jeder hat Zahnpasta am Spiegel“, berichtet Waltz. „Egal, wer du bist, egal, wie teuer dein Haus ist – es ist immer Zahnpasta auf dem Spiegel. Du musst damit rechnen, erst einmal putzen zu müssen.“
Wenn der Raum bereit ist, setze oder knie dich auf den Boden. Indem du aus geringerer Höhe fotografierst, kannst du das Wesentliche des Raumes besser einfangen. „Ich fotografiere aus der Perspektive eines Kindes“, erzählt Ulivieri. „Meine Kamera halte ich dabei etwa 80 bis 100 cm über dem Fußboden. Wenn du aus niedriger Höhe fotografierst, kannst du die Details des Raumes besser betonen.“ Bei dieser Perspektive wird die Aufmerksamkeit des Betrachters nämlich auf Stühle, Sofas und Tische gelenkt. Aus einem höheren Blickwinkel stehen eher die Wände und Türen im Fokus.
Auch bei Innenaufnahmen kann das Wetter eine Rolle spielen. Wenn du eine Immobilie an einem dunklen oder regnerischen Tag fotografierst, dringt nur wenig bis kein natürliches Licht in die Innenräume. „Egal, wie gut oder schlecht ein Raum beleuchtet ist: Mit der Komposition kannst du immer arbeiten“, sagt Ulivieri. Mit High-End-Ausrüstung, z. B. einem externem Blitz, kannst du eine schlechte natürliche Beleuchtung ausgleichen, aber die Komposition ist dennoch ein wichtiger Faktor.
Viel brauchst du nicht, um in die Architekturfotografie einzusteigen. Für richtig tolle Aufnahmen ist aber mehr nötig als nur eine digitale Spiegelreflexkamera.
Aber selbst mit kompletter Ausrüstung gilt: Das wichtigste Gut eines Architekturfotografen ist Geduld. „Man sollte nichts überstürzen“, sagt Waltz. „Es kommt vor, dass wir den ganzen Tag fotografieren und mit nur zehn Fotos nach Hause gehen.“ Du musst dazu bereit sein, mit der Umgebung, mit dem Wetter und dem Gebäude selbst zu arbeiten. Die Architekturfotografie kann ein langsamer Vorgang sein – aber er macht sich mit beeindruckenden Bildern der unterschiedlichsten Gebäude bezahlt.
Oft fotografiere ich im Blendenprioritätsmodus, wenn ich keine Zeit habe, die Einstellungen anzupassen. Beispielsweise wenn ich mit meiner Kamera in der Hand ohne Stativ durch eine Stadt laufe.
Wenn ich jedoch eine Aufnahme mit einem Stativ mache, verwende den manuellen Modus, um die Blende einzustellen. Bei der Aufnahme von Architektur muss die Blende etwa 1:10 betragen. Nach f/10 verlieren Sie allmählich an Klarheit.
Der ISO sollte immer bei 100 liegen, aber die Verschlusszeit kann je nach Licht variieren. Ich würde empfehlen, bei 1/125 Sekunde zu beginnen und bei Bedarf mit etwas schnelleren oder langsameren Geschwindigkeiten zu experimentieren.
„Das Bewusstsein für die Magie einer Umgebung verwandelt die Architekturfotografie vom einfachen Fotografieren eines Gebäudes in eine echte Momentaufnahme.“
Ludwig Favre ist ein auf Architektur spezialisierter Fotograf. Ludwig wurde in Frankreich geboren und ist in den USA vor allem für seine Aufnahmen von Großstädten und Landschaften bekannt. Seine Arbeiten wurden in Galerien, Magazinen und Werbekampagnen auf der ganzen Welt veröffentlicht.
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